Was darf ein Mensch mit Diabetes-kosten?
Die Frage, wieviel ein Mensch (die Gesellschaft) kosten darf,
gilt in unserem Kulturkreis irgendwie als unfein. Auch die Frage, wie
viel Diabetes kosten darf, zählt dazu. Trotzdem treffen ständig
(Gesundheits-)Politiker, Versicherungen, Krankenkassen und andere
Interessenvertreter Entscheidungen über die Höhe der Gelder, die für die
Behandlung des Diabetes zur Verfügung stehen. Und die Gelder sind
knapp.
Zuletzt haben die gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein
moniert, dass sie 80 Mio. € für Blutzuckerteststreifen im Jahr 2011
bezahlen mussten. Das sei zu viel. Man müsse an den
Blutzucker-Messgeräten und den Teststreifen sparen. Ärzte sollen
verpflichtet werden, ihre Diabetiker auf 'günstigere' Teststreifen
umzustellen.
Aber über welche Summen reden wir überhaupt? Wie hoch
sind die Diabetes-Kosten? Welchen Anteil daran haben die
Blutzucker-Teststreifen?
Das weiss keiner genau. Sie haben richtig
gelesen: wir wissen es nicht genau! Es gibt in Deutschland keine
systematische Erfassung der Daten, die mit dem Diabtetes zusammen
hängen. Wir wissen nicht, wie viele Diabetiker es gibt; wir wissen
nicht, wie viele Typ 1er oder Typ 2er es gibt! Wir wissen nicht, wie
lange sie leben und wir wissen nicht genau, welche Kosten sie während
ihres Lebens verursachen. Die Krankenkassen wissen es nicht und die
Gesundheitspolitik auch nicht.
Das in der früheren DDR existierende Diabetes-Register wurde 1989 mit der Wiedervereinigung eliminiert.
Aber es gibt Schätzungen! Schätzungen, die auf repräsentativen
Stichprobenerhebungen basieren und sich mit Abstrichen für weitere
Schätzungen eignen ...
Vor mehr als 10 Jahren wurde im Rahmen der
KoDiM-Studie eine Stichprobe von ca. 30.000 Diabetikern, die bei der AOK
in Hessen versichert waren ein Jahr lang verfolgt und im Hinblick auf
die Kosten mit einer nicht-diabetischen Versichertengruppe verglichen.
Das
Ergebnis war: die Diabetiker kosten im Jahr etwa 3800€ mehr als die
Nicht-Diabetiker. Davon entfallen etwa 1300€ auf die indirekten Kosten
durch vorzeitige Berentung. 524€ gehen unmittelbar auf Konto des
Diabetes. 1965€ entstehen durch die Behandlung der Folgeerkrankungen.
D.h. 30% der Gesamtkosten gehen darauf zurück, dass die Betroffenen
nicht mehr arbeiten können (und folglich auch keine
Krankenkassenbeiträge mehr bezahlen!). Von den verbleibenden rund 2500€
sind 1965€ für die Behandlung der Folgeerkramkungen nötig! Nur 542€
entfallen unmittelbar auf Medikamente, Arztkosten und Hilfsmittel für
den Diabetes. Die Teststreifen stecken in den Hilfsmitteln, die mit 115€
zu Buche schlagen. (Die nachfolgenden Abbildungen stammen von Dr. Hans
Nagel, DDZ Düsseldorf)

Mit anderen Worten: ein Diabetiker ist doppelt so teuer wie
ein Nicht-Diabetiker. Teuer ist nicht so sehr der Diabetes, viel mehr
die Behandlung der Folgeerkrankungen. Sie machen 80% der Kosten aus, die
eigentlichen Diabetes-Kosten liegen bei 542€. Der Anteil der
Teststreifen beträgt weniger als 115€, also noch nicht einmal 5% der
direkten Kosten!

In Nordrhein leben etwa 11 Mio. Menschen. Rund 1 bis 1,25 Mio.
schätzungsweise werden an einem Diabetes leiden. Auf sie entfallen 80 Mio.€ für Teststreifen, also etwa 80€ pro Patient und pro Jahr.
2012 werden die Kassen ca. 1600 Mio.€
für die Behandlung von diabetesbedingten Schlaganfällen, Herzinfarkten
und Gefäßverschlüssen, Dialysen, und Laserkoagulationen bezahlen.

Manche Krankenkassen schreiben die bei ihnen Versicherten an
und beklagen lauthals die Diabetes-Kosten, nicht ohne den Betroffenen
ein schlechtes Gewissen zu machen: "31€ kosten Ihre Teststreifen!" -
"...nur 21€ die von uns getesteten!".
Selbst wenn die Qualität der
Teststreifen und der Messgeräte tatsächlich vergleichbar ist (was man
bezweifeln darf!), selbst wenn tatsächlich ein Drittel der Kosten an den
Teststreifen eingespart werden könnte, dann reden wir von einer
Kostenreduktion von 5% der Gesamtkosten (für Hilfsmittel) auf 3,5% ...
Ja, geht's denn noch?
Quelle: http://www.blutzucker-coach.com/diabetes-kosten.html